Auftakt unserer neuen Seminarreihe „Evangelische Erkennbarkeit und religiöse Sprachfähigkeit“ am 25. und 26. August 2022 im Stephansstift Zentrum für Erwachsenenbildung in Hannover. Referent: Prof. Dr. Matthias Hahn; Modul 1: Religiöse Sprachfähigkeit.
Von der Wichtigkeit der Metapher
Noch vor Seminarbeginn setzt sich Matthias Hahn zwischen die nach und nach eintreffenden Teilnehmer*innen, bietet das „du“ und ein erstes Gespräch an. Es ist ein heißer Sommertag und alle atmen bei der Ankunft im Raum erleichtert auf, weil dieser klimatisiert und angenehm kühl ist. Professor Hahn ist Hauptreferent unsere neuen, vierteiligen Seminarreihe zur Evangelischen Erkennbarkeit und religiösen Sprachfähigkeit, die direkt in Hannover, im Zentrum für Erwachsenenbildung des Stephansstift, angeboten wird. Die Resonanz auf die Ausschreibung übertraf alle Erwartungen – in kürzester Zeit gingen 75 Bewerbungen von evangelischen Schulen aus ganz Deutschland ein. Deshalb musste ausgewählt werden, damit die Teilnehmerzahl in einem für das Seminar passenden Rahmen blieb. Schwerpunkt der Auswahl waren Grundschulen im Osten und Nordosten, weil das die Regionen mit den meisten Neugründungen sind. Für die Sekundarstufe I soll die Seminarreihe in Zukunft ebenfalls aufgelegt werden, zunächst aber setzen die Grundschulen den Anfang.
Ausbildung zukünftiger Fortbildner*innen
Anlass der Ausschreibung war der Erfolg des Gebets- und Andachtsbuches für evangelische Grundschulen, das Matthias Hahn und Carsten Haeske zusammen mit der Evangelischen Schulstiftung in der EKD im Januar 2022 herausgebracht hatten. Hier sollte mit der Fortbildung von Gebets- und Andachtspraxis an evangelischen Grundschulen angesetzt werden. Wichtig sei es, so Matthias Hahn, stärker in das System hineinzugehen, Fortbildung müsse zur jeweiligen Schule passen. Deshalb wünscht er sich, dass die Teilnehmer*innen dieser Seminarreihe selbst zu zukünftigen Fortbildner*innen an ihren Schulen werden, als Alternative zu den Angeboten, die von außen an sie herangetragen werden. Was ist für ihn neu an dieser Fortbildung? Matthias Hahn schätzt das größere zeitliche Budget. Das macht es ihm möglich, mit den Kolleg*innen gemeinsam etwas zu entwickeln, es bietet Raum für ausführliches Feedback und Reflexion.
Sich-miteinander-vertraut-Machen
Zu Beginn des ersten Seminartages legt Matthias Hahn großen Wert auf das gegenseitige Kennenlernen. Die ersten beiden Stunden führt er die Menschen im Raum in immer anderen Konstellationen zusammen, in denen sie von sich erzählen können. Das Vorstellen, das Sich-miteinander-vertraut-Machen, ist Voraussetzung für die intensive und dynamische Gruppen- und Paararbeit des Seminars. Für die Bearbeitung der einzelnen Aufgaben wird sich immer wieder neu gruppiert, im Raum, im Foyer und auf der Terrasse der Bildungsstätte verteilt.
Bilanz zur Evangelischen Erkennbarkeit
Ein wichtiger Punkt der Veranstaltung ist die Bilanz: Wo stehen wir mit der evangelischen Erkennbarkeit? Unter diesem Blickpunkt stellen die Teilnehmer*innen zwischen den einzelnen Themenblöcken mit kurzen Präsentationen ihre Schulen vor. Was zu Tage tritt, ist eine Vielfalt an Ideen, wie „evangelische Erkennbarkeit“ umgesetzt werden kann. Ob Gottesdienste und Einschulungen auf einer öffentlichen Parkwiese, die von der Schule in Bad Doberan regelmäßig veranstaltet werden, oder das Angebot einer sehr gefragten Schulseelsorge an der evangelischen Grundschule in Berlin-Frohnau. In den Vorstellungen der einzelnen Schulen geht es auch immer wieder darum, was zur evangelischen Erkennbarkeit gehört. Wie etwa das öffentliche und klare Eintreten für die Bewahrung der Schöpfung oder wie Eltern das Erleben christlicher Werte nach außen tragen.
Religiöse Sprachfähigkeit in der Praxis
Mit der Arbeit an Psalmen steigt Prof. Dr. Hahn dann in das Thema „religiöse Sprachfähigkeit“ ein. Er nennt es einen „didaktischen Brückenschlag über 3000 Jahre“, wenn man diese Texte in die heutige Lebenswirklichkeit überführt. Prof. Dr. Hahn legt Karten mit Psalmworten aus (Anm.: vom Religionspädagogen Rainer Oberthür) und fordert die Seminarteilnehmer*innen auf, davon angeregt eigene Psalmworte zu schreiben und vorzutragen. Eine andere Aufgabe beschäftigte sich damit, den Zachäus-Text zu übertragen, schwierige Stellen für das Verständnis zu erkennen und Übersetzungen zu formulieren. Ziel der Übungen ist es, ein Gespür für reflektierte, symbolische Sprache zu bekommen und diese mit anderen gemeinsam auszuprobieren. Für Matthias Hahn gibt es keine vernünftige Deutung biblischer Texte ohne die Kenntnis von Symbolsprache. „Kein Mensch sieht Religion, deshalb muss man metaphorisch sprechen können, um ihre Bedeutung begreifbar zu machen.“ so Prof. Hahn weiter.
Fazit
Am Ende des zweiten Tages ziehen die Teilnehmer*innen in der abschließenden Feedbackrunde ein überwiegend positives Fazit. Der Umgang mit den Psalmen und Bibeltexten wird als großer Gewinn hervorgehoben, ebenso begeistert die Möglichkeit zum Austausch untereinander. Die Gespräche in den Pausen und am Abend erscheinen den Teilnehmenden manchmal ebenso wichtig, wie die Themen des Seminars selbst. Für einige Teilnehmer*innen ist noch nicht ganz klar, „wo die Reise hingeht“, trotzdem wird das Seminar als großartiger Ideengeber empfunden. Eine schöne Erkenntnis nehmen alle mit auf den Heimweg: Wir haben als evangelische Schulen viel gemeinsam!
Text & Fotos: Martin Weinhold