Seit dem 7. Oktober 2023 erleben wir, wie Jüdinnen und Juden sowie Israel zur Projektionsfläche antisemitischer Bilder werden. Eine Auseinandersetzung mit christlichen antijüdischen Bildern ist daher nicht nur in kirchlichen Bildungskontexten dringend notwendig. Häufig unentdeckt werden auch in Schulbüchern antisemitische Bilder reproduziert. Antisemitismuskritik als pädagogische Praxis bedeutet, diese Bilder zu stören und neue Bilder, frei von Antisemitismus, zu schaffen. Unsere neue, digitale Vortragsreihe „Antisemitismuskritik als Bildungsprozess am Beispiel von Unterrichtsmaterialien“ bietet ab Mitte April Impulse zur pädagogischen Bearbeitung dieses aktuellen Themas. In Kooperation mit der Evangelischen Akademie zu Berlin, laden wir Vertretungen evangelischer und staatlicher Schulen zu vier inhaltlich zusammenhängenden Vorträgen in einem virtuellen Raum ein. Die Vorträge beleuchten das Thema Antisemitismus, Antisemitismuskritik als Bildungsprozess sowie Verschwörungserzählungen und bieten Hilfestellung, wie Pädagog*innen eine antisemitismuskritische (religions-)pädagogische Praxis gestalten können.
Antisemitismuskritik als Bildungsprozess am Beispiel von Unterrichtsmaterialien
Kaum ein Mensch versteht sich heute normalerweise dezidiert und offen als Antisemit oder als antisemitisch. Gleichwohl stellen wir fest, dass bestimmte antijüdische oder antisemitische Einstellungen besonders in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie in Form von Verschwörungserzählungen an die Oberfläche kommen. Seit dem 7. Oktober 2023 erleben wir erneut wie Jüdinnen und Juden und Israel zur Projektionsfläche antisemitischer Bilder werden. Dabei werden die christlichen Signaturen und Stereotypisierungen des säkular auftretenden Antisemitismus oft nicht wahrgenommen und in der (religions-) pädagogischen Praxis zu wenig reflektiert und bearbeitet. Die Auseinandersetzung mit christlichen antijüdischen Bildern ist daher nicht nur in kirchlichen Bildungskontexten dringend notwendig. Auch in Schulbüchern werden antisemitische Bilder reproduziert – häufig unentdeckt. Antisemitismuskritik als pädagogische Praxis bedeutet, diese Bilder zu stören und neue zu schaffen. Dazu gehört eine selbstreflexive Auseinandersetzung, um Selbst- wie auch Fremdbilder zu verstehen und sich dem Funktionsmechanismus des Antisemitismus, der maßgeblich der Selbstidealisierung dient, bewusst zu werden.
Die digitale Vortragsreihe „Antisemitismuskritik als Bildungsprozess am Beispiel von Unterrichtsmaterialien“ gibt Impulse zu diesen Befunden und zur pädagogischen Bearbeitung. Sie speist sich auch aus den Erfahrungen eines antisemitismuskritischen Bildungsprozesses mit evangelischen Schulen, in dem pädagogische Bildungsmaterialen entwickelt und erprobt wurden.
Die Vortragsreihe
Angeboten werden vier inhaltlich zusammenhängende Vorträge: Am 17.04., 29.04., 21.05. und 03.06.2024 finden sie in Kooperation mit der Evangelischen Akademie zu Berlin Deutschland auf dem Campus des Deutschen Schulpreises der Robert Bosch Stiftung statt. Als Referent*innen konnten wir Nina Schmidt, Kristina Herbst, Prof. em. Katharina von Kellenbach, Anita Haviv und Shila Erlbaum sowie Christian Staffa gewinnen. Schmidt und Herbst sind Projektleiterinnen des DisKursLabs, des Labors für antisemitismuskritische Bildung & Praxis, einem Projekt der Evangelischen Akademie zu Berlin. Katharina von Kellenbach verantwortet für die Evangelische Akademie zu Berlin das Projekt „Bildstörungen: Elemente einer antisemitismuskritischen pädagogischen und theologischen Praxis“. Anita Haviv ist als Autorin in der politischen Bildung tätig und Shila Erlbaum ist Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland. Christian Staffa ist Studienleiter für Demokratische Kultur & Bildung an der Evangelischen Akademie zu Berlin und gleichzeitig der Beauftragter für den Kampf gegen Antisemitismus der Evangelischen Kirche in Deutschland.
Vortrag am 17. April 2024: Die Macht der Projektion
Christian Staffa startet die digitale Vortragsreihe „Antisemitismuskritik als Bildungsprozess am Beispiel von Unterrichtsmaterialien“ mit den Grundlagen zum Thema Antisemitismus: Was ist Antisemitismus und was bedeutet Antisemitismuskritik als Bildungsprozess? Er klärt, welche Mechanismen im Antisemitismus inhärent sind und welche Funktion er als Welterklärungsmodell erfüllt. Auch vermittelt Staffa den Teilnehmenden, durch welche Bilder und Stereotype und deren christlichen Signaturen Antisemitismus wirksam ist.
Vortrag 29. April 2024: Verschwörungserzählungen: Macht und Ohnmacht
Was sind Verschwörungserzählungen und wie funktionieren sie? Prof. em. Katharina von Kellenbach geht in Ihrem Impuls auf die Unterschiede zwischen Verschwörung und Verschwörungsmythos ein und klärt, was die Passionsgeschichte damit zu tun hat. Von Kellenbach stellt mit den Teilnehmenden einen aktuellen Bezug zur Politik her: Warum erscheinen Narrative von jüdischer Schuld und (All-)Macht nicht nur in westlicher Kirchengeschichte sondern auch in der heutigen Politik glaubwürdig und überzeugend?
Vortrag 21. Mai 2024: Störung hat Vorrang
Der Termin im Mai widmet sich voll und ganz der Gestaltung einer antisemitismuskritischen (religions-)pädagogischen Praxis. Kristina Herbst und Nina Schmidt bieten Pädagoginnen hierbei konkrete Hilfestellung an, welche Bilder wir dekonstruieren müssen. Sie berichten von ihren Erfahrungen eines antisemitismuskritischen Bildungsprozesses mit evangelischen Schulen, in dem pädagogische Bildungsmaterialen entwickelt und erprobt wurden. Wie können wir also neue, andere Geschichten erzählen, die ohne antijüdische Bilder auskommen?
Vortrag 03. Juni 2024: Bilder von Israel
Der letzte Vortrag der digitale Reihe dreht sich um das Thema, welche Bilder von Israel in unserer Gesellschaft präsent sind und welche in Schulbüchern vermittelt werden. Anita Haviv und Shila Erlbaum diskutieren mit den Teilnehmenden darüber, wie wir als Gesellschaft über Israel sprechen können ohne Antisemitismus zu reproduzieren. Auch stellen die Referentinnen die Frage, welche Rolle Israel für eine antisemitismuskritische pädagogische Praxis spielt, insbesondere nach dem 7. Oktober 2023.
Anmeldung und Ablauf der Veranstaltung
Alle vier Vorträge finden auf dem Campus des Deutschen Schulpreises der Robert Bosch Stiftung statt. Wenn Sie sich dort registrieren, können Sie sich kostenfrei für die Veranstaltungsreihe anmelden. Den Link zur Vortragsreihe und zur Anmeldung finden Sie hier; bitte ausschließlich hier anmelden: Vortragsreihe Antisemitismuskritik als Bildungsprozess am Beispiel von Unterrichtsmaterialien
Die Vorträge finden am 17.04., 29.04., 21.05. und 03.06.2024 statt; folgender Ablauf ist vorgesehen:
- 16:45-17:00 Uhr Einwahl & Ankommen: Einwahl in den virtuellen Raum und Klärung eventueller technischer Fragen
- 17:00-18:00 Uhr Impuls: Impulse der jeweiligen Referent*innen
- 18:00-18:30 Uhr Fragen & Gespräch: Fragen und Gespräch zwischen der Referent*innen und den Teilnehmenden
Wir freuen uns auf eine interessante Veranstaltung mit Ihnen. Für Rückfragen steht Ihnen das Team der ESS EKD gern zur Verfügung.