Künstliche Intelligenz ist in aller Munde und hat das Potenzial, schulische Lehr- und Lernprozesse weitreichend zu verändern. Lehrkräfte können dank KI mittlerweile auf mächtige Werkzeuge zugreifen, um Unterricht gezielt und effizient vorzubereiten und adressatenbezogen zu gestalten. Gleichzeitig eröffnen sich für Schüler*innen zahlreiche Möglichkeiten, individueller und mit passgenauerer Unterstützung zu lernen. Doch was einfach klingt, erfordert weitreichende Entwicklungen in der Praxis. Dort stapeln sich dicke Bretter, die es zu bohren gilt: Tools wollen geprüft und ausgewählt, neue Kompetenzen entwickelt, Aufgaben verändert und Prüfungen weiterentwickelt werden.

Sein Thema ist „KI und Schule“: Joschka Falck beschäftigt sich mit dem konkreten Einsatz von KI-Technologie an Schulen.
Joschka Falck ist Lehrer und Schulentwicklungsmoderator im Bereich der digitalen Bildung. Er veröffentlicht auf seinem Blog regelmäßig Impulse zum Thema „KI und Schule“. Besonders intensiv beschäftigt er sich mit dem konkreten Einsatz von KI-Technologie im Schulunterricht. In unserem Projekt „KI-Strategie für Schulen in evangelischer Trägerschaft“ will er mit zuversichtlicher Haltung deutlich machen, was Lehrende zum Thema digitale Kompetenzen wissen müssen und welche Aufgaben vor uns liegen.
Schule und KI: Große Chance und dicke Bretter

Ideen und Hinweise für Lehrende: der KI-Leitfaden für den Unterricht. CC-BY-SA 4.0 Joschka Falck und Manuel Flick
KI ist in den Schulen angekommen und hat vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Vor allem in der Unterrichtsplanung, der Erstellung von Übungen oder Info-Texten oder der Generierung von Arbeitsaufträgen kommt sie heute schon zum Einsatz. Mehr noch: Sie bietet Lehrkräften und Schüler*innen in allen Schulstufen scheinbar unendliche Möglichkeiten hinsichtlich Text-, Bild, Audio- und Videoarbeit. Ein universell einsetzbarer „Zauberstab“ also, bei dem es darauf ankommt, zu lernen, mit diesem Zauberstab klug umzugehen. Hierbei gibt es jedoch eine große Kluft, wie der Deutsche Länderbericht „KI an europäischen Schulen“ zeigt: 74% aller Schüler*innen glauben, dass KI eine wichtige Rolle in ihrem Berufsleben spielen wird. Jedoch nur 44% der Schüler*innen halten ihre Lehrkräfte überhaupt für kompetent im Umgang mit KI-Anwendungen.
Die dicken Bretter, die es zu bohren gilt, sind in der Zurückhaltung der Lehrkräfte und den dahinterliegenden Beweggründen zu suchen. Lehrkräfte müssen zunächst einen hohen Initialaufwand betreiben, quasi einen Berg an Einarbeitung hinter sich bringen, um danach die Entlastungseffekte von KI spüren zu können. Über diesen Berg kommen viele Lehrkräfte jedoch gar nicht. Das führt aktuell noch dazu, dass von den großen theoretischen Entlastungschancen nur sehr wenig in der tatsächlichen Alltagspraxis der Lehrkräfte spürbar wird.
Effektiv unterrichten mit Künstlicher Intelligenz: Sprachmodelle
Dass KI vielfältige Einsatzmöglichkeiten bei der Unterrichtsgestaltung bietet, ist bereits deutlich geworden. Aber was davon lässt sich am effektivsten einsetzen? Laut Joscha Falck haben KI-basierte Lernunterstützungs- und Tutorsysteme einen besonders hohen Wirkungsgrad. Diese unterstützen Schüler*innen, zusätzlich zur Lehrkraft, zur Peer Group und zu den Eltern bei den täglichen Aufgaben und Anforderungen.
Ein mehrstufiger Tutor-Prompt ermöglicht zum Beispiel die Erstellung komplexer Dialoge für ein individualisiertes Lernen. Dank der Fähigkeit von KI, in alle möglichen Rollen zu schlüpfen, kann ich mich beispielsweise mit einem fiktiven Bertold Brecht austauschen. Ich als Lehrkraft erschaffe somit einen individualisierbaren Lernpartner für meine Schüler*innen, der aus den Antworten des/der Schüler*in dazulernt und sich an das individuelle Niveau anpasst. Als Praxisbeispiele sind hier individuelle KI-Assistenten von fobizz, interaktive Lernsettings zur Bundestagswahl wie Wahl.Chat oder das KI-Feedback-Tool FelloFish zu nennen.
Spannend ist im Bereich der Tutorsysteme auch ein Blick in die Zukunft: Die Entwicklung geht erkennbar in die Richtung von „KI als persönlicher Tutor“ – idealerweise mit einem Video-Input über den Advanced Voice Mode, also eine Spracheingabe in Kombination mit der Handykamera des Smartphones.
Ideen, Tipps und Hinweise für Lehrende und Lernende

Die Version für Lernende gibt Tipps für den richtigen und effizienten Umgang für Schüler*innen ab Klasse 5. CC-BY-SA 4.0 Joschka Falck und Manuel Flick
Der Umgang mit den vorgestellten KI-Anwendungen verlangt Lehrkräften momentan noch einiges ab. Das Angebot an geeigneten KI-Tools ist groß. Diese gilt es, auf ihre didaktischen Potenziale zu prüfen und im Unterricht auszuprobieren. Das schafft immer mal wieder Unsicherheiten, die zu dem eingangs beschriebenen Vermeidungsverhalten beitragen. Gemeinsam mit Manuel Flick möchte Joschka Falck eben diesen Unsicherheiten mit einem KI-Leitfaden für den Unterricht begegnen. Dieser enthält Tipps und Hinweise für Lehrende und Lernende in Form von zwei Einseitern, die direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Damit Lehrkräfte sich selbst relevanter Leitlinien bewusstwerden und gleichzeitig ihren Schüler*innen die wichtigsten Regeln im Umgang mit KI verdeutlichen können – nicht zuletzt, was deren Grenzen und Herausforderungen angeht.
Fazit: Lernen und KI

Machen das Lernen mit KI sichtbar: die fünf Dimensionen für den Unterricht. CC-BY-SA 4.0 Joschka Falck
KI-Einsatz im Unterricht, in Prüfungen und bei der Professionalisierung der Lehrkräfte wird in den nächsten Monaten und Jahren viel Zeit und Ressourcen durch einen hohen Lernaufwand von Seiten der Lehrenden binden. Dass diese Anforderungen auf ein sowieso schon überlastetes Bildungssystem treffen, erschwert den Umgang zusätzlich. Aktuelle Studien sowie die Handlungsempfehlung der Kulturministerkonferenz 2024 zeigen jedoch, dass wir dringend mit einer KI-gestützten Unterrichts- und Prüfungskultur beginnen sollten. Dazu braucht es laut Joscha Falck „mutige Entscheider*innen, die vorangehen, Spielräume ausloten und es ermöglichen, KI in die Fläche der Schullandschaft zu bringen.“ Die fünf Dimensionen für den Unterricht sollen das Lernen mit KI sichtbar machen und als Argumentations-, Handlungs- und Reflexionsgrundlage für das eigene Kollegium dienen.