Dr. Ina Döttinger, Pädagogische Geschäftsführung der ESS EKD

Am 27. November feiert die Evangelische Schulstiftung in der EKD (ESS EKD) ihr 30-jähriges Jubiläum in der Marktkirche in Hannover. Drei Jahrzehnte Evangelische Schulstiftung stehen für 30 Jahre Förderung des evangelischen Schulwesens in Deutschland – Zeit, einen Rückblick zu geben und einen Ausblick zu wagen. Wir haben mit Dr. Ina Döttinger, Pädagogische Geschäftsführerin der ESS EKD, über die Bedeutung des evangelischen Schulwesens und die Rolle der ESS EKD dabei gesprochen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gingen im Jahr 2023 knapp zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland auf eine Privatschule. Dabei sind die evangelische und die katholische Kirche die beiden größten Träger von Privatschulen bundesweit. Laut der Statistik Evangelische Schule, die die Wissenschaftliche Beratungsstelle Evangelische Schule der EKD erhoben, hat, gab es bei Schulen in evangelischer Trägerschaft von 2018 auf 2023 einen Zuwachs insbesondere bei Grund- und Gesamtschulen. Insgesamt gibt es deutschlandweit heute 1.027 Evangelische Schulen mit rund 211.000 Schüler*innen. Und trotz aller schlechten Nachrichten wie Kirchenaustritte oder der Verkauf von Kirchengebäuden ist und bleibt ein Bereich ein voller Erfolg: Das evangelische Schulwesen.

Wer eine Schule in evangelischer Trägerschaft besucht, muss heutzutage nicht mehr getauft sein. Evangelische Schulen sind offen für alle Schüler*innen, unabhängig von ihrer religiösen oder sozialen Zugehörigkeit. Dies sorgt für eine Vielfalt an den Schulen, die die Verhältnisse innerhalb unserer modernen Gesellschaft gut widerspiegeln. Auch die Träger evangelischer Schulen sind durch eine solche Vielfalt geprägt, wie Dr. Ina Döttinger zu berichten weiß.

Evangelisch sein heißt immer auch: evangelische Vielfalt. Und das spiegelt sich in den Schulen wider – die schon erwähnte aktuelle Schulstatistik evangelischer Schulen zählt über 1000 evangelische Schulen und über 360 verschiedene Träger. Davon sind rund 40% eingetragene Vereine, knapp 30% gGmbHs und gut 17% Stiftungen. Und über 86% der Träger sind klein und haben nur bis zu vier Schulen, nur knapp über 3% tragen mehr als 10 Schulen. Etwa ein Viertel der Schulen werden von einem großen Träger getragen, ein weiteres Viertel von mittelgroßen Trägern (5-9 Schulen), und knapp über die Hälfte von kleinen Trägern. Die ESS EKD ist Ansprechpartner für alle Schulen in evangelischer Trägerschaft, unabhängig vom Träger. Und es ist immer wieder spannend, die Perspektiven und Interessen der verschiedenen Trägerschaften zu sehen und zu prüfen, wie wir Angebote machen können, von denen möglichst viele Schulen und Träger profitieren!

Entwicklung und Förderung des evangelischen Schulwesens

Die ESS EKD fördert seit 1994 das evangelische Schulwesen in Deutschland. In Zahlen bedeutet das eine Förderung von rund 160 Schulneugründungen mit mehr als 11 Millionen Euro. Seit 2010 fördern wir operativ hunderte evangelischer Schulen mit über 100 Projekten, zum Beispiel zum Evangelischen Profil, Demokratie- oder Anti-Rassismus-Projekten. 2016 reagierte die Stiftung mit einer 500.000 Euro starken Sonderförderung auf die Integration von Geflüchteten in Evangelischen Schulen. Und seit 2020 legt die Stiftung mit ihrem Förderprogramm „Inklusion 2020+“ einen Schwerpunkt auf die inklusive Schulentwicklung. 80 Schulen konnte die Stiftung seitdem mit 5 verschiedenen Förderlinien und insgesamt rund 400.000 Euro bei der Entwicklung inklusiver Schulprozesse unterstützen.

Frau Dr. Döttinger, inwiefern hat sich die Ausrichtung der Stiftung in den letzten Jahren verändert und vielleicht auch ein Stück weit neuen Herausforderungen angepasst?

Die ESS EKD war gegründet als eine Förderstiftung für Neugründungen in den neuen Bundesländern. Jetzt gibt es dort viele, viele evangelische Schulen – laut der Schulstatistik über 320 in den östlichen Ländern und in Berlin, und es sind oft Bedarfsschulen. Das heißt, ohne die evangelische Schule gäbe es oft gar keine Schule mehr am Ort. Gut 40% sind erst nach 2000 gegründet. Diese Schulen gilt es jetzt inhaltlich zu unterstützen! Meist sind sie einer der wenigen Berührungspunkte mit Kirche, und, wie Frau Fehrs schon sagte: Schule ist Kirche. Oft einer der wenigen Bereiche, in denen wir Wachstum statt Schrumpfen sehen. Und einerseits ist es gerade für Schulen kleinerer Träger oft nicht leicht, mit anderen ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen, voneinander zu lernen. Andererseits gibt es einen großen Reichtum an Ideen und Erfahrungen. In der ESS EKD haben wir deshalb entschieden, dass wir diesen Austausch, die Erfahrungen und das miteinander und voneinander Lernen in operativen Projekten unterstützen wollen. Und zwar in drei Bereichen: Evangelisches Profil, Inklusion und Verantwortung. Hier entwickeln wir – im Gespräch mit den Schulen und mit Fokus auf das, was sie benötigen – Projekte, die immer drei Ziele verfolgen: die eigene Schule voranbringen, mit anderen Schulen ins Gespräch kommen und nachhaltig wirken. Letzteres zum Beispiel, indem wir die Ergebnisse systematisch allen Schulen zugänglich machen. Ein sehr spannendes Projekt im Bereich Evangelisches Profil sind z.B. die Gottesdienstlots*innen. Hier lernen Jugendliche, an ihrer Schule selbst Gottesdienste und Andachten zu entwickeln und zu halten. Und wir bekommen die Rückmeldung: „Das hat uns wirklich als evangelische Schule weitergebracht und verändert!“

In dieser Woche feiert die ESS EKD ihr Jubiläum: Frau Dr. Döttinger, was erwartet den/die Besucher*in in der Marktkirche in Hannover?

30 Jahre ESS EKD – das bedeutet: 30 Jahre viele evangelische Schulen, die die Schullandschaft in Deutschland und die Kirche bereichern! Und deshalb haben wir uns entschieden, bei unserem Jubiläum auch genau das in den Mittelpunkt zu stellen: die vielen großartigen evangelischen Schulen, die Menschen, die in ihnen lernen, leben und arbeiten! Alle, die am 27.11. in die Marktkirche kommen, erwartet daher ein buntes Programm, in dem Schulen besondere Highlights vorstellen. Es gibt ein Podium mit Menschen aus Kirche, Politik, Bildung und zwei Evangelischen Schulen. Außerdem ist eine Poster-Ausstellung mit Plakaten aus den Schulen sowie eine Andacht geplant, die Gottesdienstlots*innen selbst gestalten. Und natürlich gibt die Veranstaltung Gelegenheit zum Austausch über die Stiftung, über evangelische Schule und über Gott und die Welt und was sonst noch alles wichtig ist, wenn wir gemeinsam mit evangelischer Schule und Bildung begeistern wollen!

Ihre Spende zählt!

Evangelische Schulen sind bunt und vielfältig: Wir begleiten sie mit innovativen Projekten.

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